Als sich zu Anfang des Jahrtausends Nationalanarchisten aus vielen Ländern zusammenfanden, da meldeten sich auch ukrainische Kameraden zu Wort. In dem Artikel „Der internationale Nationalanarchismus und etwas zu seiner Geschichte“ schrieb ich im März 2004: „Inzwischen sind auch – darüber sind wir als Ukraner besonders froh – ukrainische Nationalanarchisten zur NA-Internationale gestoßen. Die ukrainischen Genossen entstammen der links- bzw. sozialnationalistischen und der anarcho-syndikalistischen Bewegung. Ihre ‚Helden‘ sind der legendäre Anarchist Nestor Machno und der nicht minder legendäre Nationalist Stepan Bandera“ usw. (Siehe „Der internationale Nationalanarchismus und etwas zu seiner Geschichte“)
Was hat es nun mit „wir als Ukraner“ auf sich? Unter „Ukrane“ verstanden wir damals das national-anarchistisch zu besiedelnde Gebiet Nord-Brandenburgs (nördliche Uckermark, südliches Pommern). Einer unserer Leitsprüche damals war: „Deutsche Besatzer – raus aus der Ukrane!“ Es gab tatsächlich mal einen dort siedelnden Volksstamm der Ukraner. Es gibt – wie wir inzwischen wissen – sogar eine ukranische Traditionspflege, und auf dem Prenzlauer Bahnhof ist der Stadtname auch auf ukranisch angegeben: Prentslow.
Über Bandera braucht hier nichts gesagt werden, er ist hinlänglich bekannt inzwischen; bei Nestor Machno sieht es etwas anders aus. Dieser war sozusagen das linke Pendant zu Bandera, wenngleich zwanzig Jahre vor Bandera aktiv. Seine Bewegung – die sog. Machnowschtschina – war 50.000 Mann stark, hatte großen Rückhalt im ukrainischen Volk und kämpfte zu Ausgang des Ersten Weltkrieges gegen deutsche und österreichische Besatzungstruppen (aber nicht immer) und die Weißen Russen. Große Teile der Ukraine wurden von der Machnowschtschina kontrolliert. Mit den Roten Russen war die Machnowschtschina manchmal verbündet und manchmal verfeindet. Ziel des machnistischen Kampfes war eine anarchische Ukraine.
Es gab auch noch einen anderen bauern- und national-anarchistischen Anführer zu der Zeit: Matwij Hryhorjew (Grigoriew).
Mit dem war Nestor Machno teilweise verbündet – und damit auch mit den Deutschen, die Grigorwiew als Ataman eingesetzt hatten. Grigoriew und Machno forderten gemeinsam eine „Ukraine für Ukrainer“. Aber bei Verhandlungen über den einzuschlagenden Kurs kam es zur Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden, woraufhin Machno Grigoriew erschießen ließ. Schon damals waren die Ukrainer nicht sonderlich zimperlich – weder untereinander noch gegenüber äußeren Feinden. Und vor allem ging es damals schon ideologisch und in der geopolitischen Ausrichtung drunter und drüber.
Für uns deutsche Nationalanarchisten war die Ukraine insofern eine glückliche Fügung oder ein Muster, weil sie zwei solche prominente und charismatische Führer vorzuweisen hatte: einen Nationalisten (Bandera) und einen Anarchisten (Machno). Für uns mußten Banderisten und Machnisten zusammenfinden! Daß wir uns „Ukraner“ und unser Land „Ukrane“ nannten, war sicherlich auch ein Augenzwinkern in Richtung Osten; es war eine Anlehnung an unser „ukrainisches Brudervolk“ und unserer tiefen Slawophilie zu verdanken: Nie wieder Bruderkrieg zwischen West- und Ostgermanen! Das beinhaltete unterschiedslos die Russen und die Ukrainer.
Wie durch alles, so geht nun auch durch die nationalanarchistische Bewegung ein Riß: manche tendieren zu Rußland – ich z.B. –, andere entscheiden sich ganz eindeutig für die ukrainische Seite: der belgische Nationalanarchist Jacques Martin kämpft sogar schon an der Front im Rahmen der „International Legion for Territorial Defense of Ukraine“.
Seine Kampfeinheit aber ist nach Nestor Machno benannt: „Corps Franc Belge Makhno„.
Damit greifen meines Wissens die ersten Machnisten/Anarchisten in den Kampf ein. Von ukrainischen Machnisten – und wie die sich positionieren – habe ich noch nichts vernommen.
Ich weiß auch gar nicht, was überhaupt aus den ukrainischen Nationalanarchisten geworden ist. Damals hieß es von ihnen (ich zitiere weiter aus dem o.g. Artikel): „Als wesentliche Inspirationen nennen sie auf der Linken die ‚Revolutionstechnologen Che Gevara, Markoc und Marigella, die Antiglobalisierungskämpfer Chomsky, Gaelano und Volerstein, die Syndikalisten Kaddafi und Sorel, die Antikolonialisten Fanon und Said, die ukrainischen Postkolonialismusforscher Zabuzhko, Grabovski und Rabchuk und die ukrainischen Nationalkomunisten Scripnik, Shumski und Maistrenko‘. Von rechts sind sie von den ‚ukrainischen konservativen Revolutionären Bandera, Lipa und Dontsov, den französischen Neurechten de Benoist und Faye, dem katholischen Traditionalisten Lefèvre, der osteuropäischen katholischen Tradition, den Nationalanarchisten Southgate und von Evola und last but not least amüsanterweise auch von den ‚deutschen National-Marxisten Mahler und Oberlercher‘ beeinflußt. Einen Haß verspüren sie auf die russischen Nationalbolschewiken um Eduard Limonow [und somit wohl auch auf Dugin, der damals noch mit Limonow verbündet war], von denen sie sich unmittelbar und akut bedroht fühlen und denen sie Faschismus und Imperialismus vorwerfen; Limonow betrachte die Ukraine als zu Rußland gehörig. Von daher lautet der ukrainische NA-Schlachtruf: ‚Tod dem russischen Imperialismus!‘ Der ukrainische NA-Netzort nennt sich „Bricolage“: www.lab.org.ua. [letzter Eintrag 2006]“
Wir Deutschen sind (noch) keine Kriegspartei, und ich sehe überhaupt nicht ein, warum unsere verschiedenen Sympathien zu einer Entzweiung in bezug auf die deutsche Freiheitsbewegung führen soll. Tragisch allerdings wäre es, wenn wir in den Konflikt hineingezogen werden; dann wird wieder einmal die Frage aktuell, ob Deutsche auf Deutsche schießen müssen.
Warum gilt meine Sympathie – die eines Nationalanarchisten – nun eher der russischen Seite? – Dazu ließe sich sehr viel sagen. Ich möchte hier einiges andeuten.
Unter „Nation“ habe ich nie den Nationalstaat verstanden. Die Nationen in meinem Verständnis waren ungefähr das, was andere die „Stämme“ nennen. Warum „ungefähr“? – Weil es unmöglich ist, die authentischen Nationen zu benennen; weil es diese im Moment gar nicht mehr gibt und sie nur im Wiederentstehen gesehen werden können.
Alles hängt ja von der Definition des Begriffes „Nation“ ab. Wir als National-Anarchisten wollten mit „Nation“ fortfahren, weil dieses Wort verwurzelt und traditionell ist, weil es Heimatlichkeit, aber vor allem auch dessen aktive Verteidigung transportiert. Der Begriff mußte unserer Meinung nach nur umgewidmet, neu kanalisiert, quasi „mitgenommen“ werden: vom bürgerlichen Nationalstaat hin zum Ethnisch-Kulturellen, das diesseits des Staates oder verborgen unter diesem existiert. Wir wollten den Schwung des Nationalen, den es nach der Ersten Deutschen Wende (1989) gab, für unsere Ziele ausnutzen. Der Begriff „national“ war explosiv, alles andere („bio-regional“ usw.) zu harmlos; in „national“ resoniert auch Natur und Natürlichkeit. „Ethno-Anarchisten“ wäre zu intellektuell gewesen; „Volks-Anarchisten“ wäre vielleicht gegangen, aber etwas mußte natürlich auch an den Nationalsozialismus anklingen, wir sahen uns als Erben dessen linksradikal-matristischen Flügels (Hermann Wirth usw.), ganz abgesehen davon, daß Nationalsozialismus eine starke Marke war, auf dessen Coupon wir reiten wollten.
„Reclaim the nation!“ – wir wollten die Nation für uns beanspruchen, aber deren Sinn & Inhalt war das, was von anderen „Stamm“ genannt wurde. Die Zeitschrift der internationalen national-anarchistischen Bewegung heißt „Tribes“ („Stämme“, aber die Bewegung nennt sich trotzdem noch national-anarchistisch, nicht tribal-anarchistisch).
Damals – Anfang der 0er Jahre – hätten unsere Sympathien wahrscheinlich eher der Ukraine gegolten (die Frage einer Wahl stellte sich aber gar nicht), und zwar aus den o.g. ideologischen Gründen, aber vielleicht auch nur, weil wir keine russischen Nationalanarchisten kannten. Für uns war die Ukraine eine Nation wie unsere Nation-im-Werden „Ukrane“. Wir hatten bestimmt Verständnis für die antirussische Haltung unserer ukrainischen Kameraden, aber für uns war das kein Anlaß, dem zu folgen. Wir waren immer schon sehr russophil und fühlten uns damals schon stark zu den Russen hingezogen – aber dies gewiß, weil die Russen nun mal das größte Volk des Ostens sind und der Krieg unserer Großväter als einer zwischen Deutschen und Russen genannt wurde. Wir hatten uns sicher gewünscht, daß sich die Ostgermanen Ukrainer und Russen gut vertragen – so wie wir Ukraner mit den Sachsen oder den Mecklenburgern, mit denen wir ganz sicherlich in bestem Einvernehmen und im Rahmen eines engen westgermanischen Bündnisses, aber auch unter einer Überwölbung – genannt Das Reich – leben wollten (siehe „Reich & Anarchie“, Februar 2004).
Den Konflikt zwischen Russen und Ukrainern haben wir uns damals selbstverständlich nicht zu eigen gemacht.
Aber inzwischen ist viel Zeit vergangen, und viele Dinge sind auf das Tapet gekommen, an die damals überhaupt nicht zu denken war. Man muß die viel größeren Zusammenhänge sehen, die sich inzwischen aufgetan haben: Jetzt haben wir es mit einem Globalen Great Reset und zu tun. Wir müssen in ganz anderen Dimensionen denken! Wie kann man diese Zusammenhänge übersehen? Wir stehen unmittelbar vor dem Sieg der Transhumanisten, es findet ein Endkampf auf globaler Ebene statt. Die seit zwanzig Jahren erfolgende Einkreisung Rußlands ist nichts anderes als das Vordringen der Pestilenz in einem extrem bedrohlichen Ausmaß: Die letzte Kraft, die überhaupt noch dagegen widerstehen kann, wird bedroht: Rußland. Die Ukraine ist – ausgerechnet unter Regierungsbeteiligung von Nationalisten – zu einer Raketenabschußrampe, zu einem Labor für perverse Experimente und zum Mauschelmarkt verkommen. Es geht gar nicht mehr anders, als diese Bedrohung zu stoppen! (Ganz abgesehen von der dringend notwendigen Beendigung des Völkermordes in der Ostukraine.)
Wer sich in dieser Situation dafür entscheiden zu müssen glaubt, für Selenski und seine Leit‘ zu sterben, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. Wie kann man diesen Donnerschuß überhören?
Wenn Alexander Dugin jetzt vom „kriminellen Nationalismus“ spricht, so ist das sehr streng, und sicherlich ist die Wortwahl auch dem aktuellen Geschehen geschuldet. Aber er hat im Grunde recht: angesichts des o.g. Endkampfes muß sich der Akzent von der Nation auf Nationenbündnisse verschieben; ohne diese ist der Kampf gegen die Menschenfeinde verloren. Und die Multipolarität als Ergebnis eines erfolgreichen Kampfes gegen den unipolar-globalistischen Great Reset soll sich in besagten Überwölbungen, in Reichen gestalten.
Die harsche Wortwahl Dugins erklärt sich vielleicht auch mit der Dummheit von Nationalisten, die nicht merken, wie sie von den Globalsatanisten ausgenutzt und in den Kriegstod geschickt werden. Dugin hätte natürlich sagen können: „Das sind keine Nationalisten! Sie lassen sich bei der Zerstörung der Nation mißbrauchen!“, doch seine „Vierte Politische Theorie“ soll sich nun mal von den ersten dreien (Liberalismus, Kommunismus, Nationalismus – die er alle integrieren will) deutlich abheben. Aber wenn man Dugins Engagement für die Tradition bedenkt, so kann kaum davon die Rede sein, daß er das Nationale in dem Sinne, wie wir es verstehen, verschmäht oder gar als etwas Kriminelles bekämpft! Was er meint, ist, daß die Nationen – die er „Ethnien“ nennt – sowohl weltweit als auch in ihrem jeweiligen Reich gegen den Weltfeind, aber auch intrinsisch zu ihrer Wohlfahrt zusammenhalten müssen. Und wenn sie das nicht tun und sich gegenseitig bekämpfen, so kann man Dugin, wenn er sagt, daß das ein Verbrechen sei, durchaus zustimmen: Wir machen uns schuldig am eigenen Untergang. Noch sind wir Menschen aus Fleisch und Blut; noch leben wir nicht im Metaversum, dessen irdisch-reales Pendant eine einzige Kloake sein wird.
Rußland kommt als noch intaktes und starkes Land eine Führungsrolle im anti-satanistischen und anti-globalistischen Kampf zu. Aus dem völlig dekadenten und wohlstandsverwahlosten Westen ist in dieser Hinsicht nichts mehr zu erwarten. Mit seinem „Great Awakening vs. Great Reset“ hat sich Dugin an die Spitze dieses Kampfes gestellt.
Es ist schon viel zur Sowjetunion als einem kommunistischen Imperium, das die Nationen zumindest kulturell hat leben lassen, gesagt worden. Sogar deutsche Nationen hat das Sowjetreich auf seinem Territorium leben lassen – zumindest in ihrer ethnischen Substanz und kulturell, leider nicht wirtschaftlich und in ihrer allgemeinen Freiheit. Rußland hat sich aber gewandelt. Es ist eindeutig nicht mehr die unfreiheitliche, verbrecherische und planwirtschaftliche Sowjetunion! Rußland ist heute – nachdem die Westler kläglichst und schändlichst versagt haben – ein Hort verbliebener Freiheit.
Vielleicht muß die reichsbildende Nation der Russen noch stärkere Signale an die Ukrainer senden, als sie das nicht schon tut. Leider sind die Ukrainer noch von Fremden verblendet – vermeintlichen Freunden, von denen sie aber gerade einsehen muß, daß sie von ihnen schmählichst verraten werden. Das lernen die Ukrainer jetzt sehr schmerzlich. Wie konnte man nur nach all den Erfahrungen der letzten Dekaden an die Bündnistreue der Amerikaner glauben?
Das Russische Reich will die ukrainische Nation nicht zerstören; es ist froh, wenn es sich nicht darum kümmern muß. Es will die Ukraine nur nicht als Aufmarschgebiet gegen sich haben. Eine Föderalisierung der Ukraine mit Autonomie der einzelnen Teile (der Nationen in unserem Sinne), wie es Rußland vorschlägt – davon können wir in Westeuropa nur träumen! Was wollen denn die Ukrainer eigentlich? Es bleibt ein Geheimnis, wie um Unabhängigkeit und nationale Selbstständigkeit bemühte Ukrainer ausgerechnet der EU als ihrem Reich beitreten wollen, wo es sich doch längst auch in der Ukraine herumgesprochen haben sollte, daß die EU eine Nationenzerstörerin ist.
Es bleibt uns zu wünschen, daß die Ukrainer ihre wahren Verbündeten in den Russen sehen. Aber das können wir nicht beeinflussen, und es geht uns eigentlich auch nichts an. Wir müssen uns – ungespalten, in Eintracht – hier um unser Deutschland als nach innen libertäres und nach außen gegen die Globalisten zu schützendes Reich kümmern. Zurück zum „liberalen Zeitalter“ – wie Ernst Nolte das Zweite Reich nannte – muß die Devise lauten. Und: Bündnis des Großrussischen mit dem Deutschen Reich! Dann kommt den Ukrainern (wie den Polen) jene Brückenfunktion zu, mit der sie sehr gut fahren und glücklich sein werden.
Beitrag zum Great Awakening:
– Sören Kierkegaard, Post-Existenzphilosophie und Tiefenwahrheit: dreiteilige Video-Version, Text-Version. Die Kierkegaard-Arbeit ist die erste Hälfte eines Doppel-Essays „Kierkegaard/Dugin“. Zweite Hälfte – die zeitgeschichtliche Ergänzung von „Kierkegaard“ –: Alexander Dugin, das Große Erwachen und das Radikale Subjekt – die libertäre Linke meldet sich: bereit!
(10.03.2022)