Alles Große steht im Sturm. Das gilt auch für Menschen. Wladimir Putin hat sich seine Rolle in der russischen und internationalen Politik vermutlich nicht ausgesucht, ging ihr aber auch nicht aus dem Weg. Die Folge ist, daß er nun seit über 20 Jahren die Geschicke Rußlands lenkt.
Putins bisherige Bilanz ist – bei allem, was man im einzelnen kritisieren mag – außerordentlich, und sie ist es erst recht, wenn man sie vor der Folie der Jelzin-Jahre würdigt, die Rußland an den Rand der Katastrophe brachten. Es gelang ihm, die Wirtschaft zu stabilisieren und sie auf einen zeitweise bemerkenswerten Erfolgskurs zu bringen; den sozialen Kahlschlag zu stoppen, das Militär zu reorganisieren, die Einheit der Russischen Föderation zu wahren und das Land nach dem Afghanistan-Desaster wieder zu einem respektierten Akteur auf dem Schachbrett der internationalen Politik zu machen. Das sind Leistungen, denen kein westlicher Politiker, keine westliche Regierung der letzten zwanzig Jahre auch nur annähernd Vergleichbares gegenüberstellen könnte. Für russische Verhältnisse sind sie schlechterdings phänomenal. Über Wahlergebnisse von regelmäßig um die 70 Prozent, mit denen die russischen Wähler den Kremlchef ein ums andere Mal in seinem Amt bestätigen, muß sich niemand wundern. Und: nein, sie sind nicht gefälscht.
Niemand stellt in Abrede, daß Rußland keine westliche Vorzeigedemokratie ist. Aber das sind die Marionettenregime des Westens auch schon lange nicht mehr, und für das russische Riesenreich kann die westliche Demokratie ohnehin kein Maßstab sein. Putin selbst sprach sich in den neunziger Jahren einmal für „eine Militärdiktatur nach chilenischem Vorbild“ als „die für Rußland wünschenswerte Lösung der gegenwärtigen politischen Probleme“ aus.
Was wären die Alternativen zu Putin gewesen? Rußland hätte vermutlich längst das Schicksal der Ukraine geteilt, wäre einer der üblichen „Farb“-Revolutionen zum Opfer gefallen und heute eine verwestlichte Kloake. Dieses Los ist Rußland dank Putin erspart geblieben. Es ist heute in der Lage, dem verkommenen US-Welthegemon auf Augenhöhe entgegenzutreten, und hat damit eine Aufgabe von epochaler, ja spiritureller Bedeutung vor sich. Davor die Augen zu verschließen, heißt blind zu sein.
Putin mag sich lange Zeit Illusionen über den Westen gemacht haben. Er umwarb insbesondere Deutschland, und eine intensivierte europäisch-russische Zusammenarbeit auf allen Ebenen hätte für alle Beteiligten fruchtbringend werden können. Die anglo-amerikanischen Einflußzirkel wollten das nicht. Sie verlegten sich auf ihre übliche Strategie der Einschnürung und Provokation. Wir kennen das hinlänglich aus unserer eigenen Geschichte bis 1939/41. Die heutige Konstellation ist nahezu identisch. Die Entscheidung läßt sich nicht mehr vertagen, wir alle kennen die Vorgeschichte, nicht erst seit 2014. Putin weiß um ihre Tragweite. Er weiß, wer die Gegner sind. Er hat sie in seiner Rede vom 30. September benannt.
Ich habe Putin immer wegen seiner klaren Rationalität, seiner Zurückhaltung, seiner Selbstdisziplin gemocht. Er ist kein Phrasendrescher, sondern von klarem, konsequentem Verstand. Es sind Menschen seines Zuschnitts, die das Zeug haben, dem Satan die Stirn zu bieten.
Wladimir Wladimirowitsch lebt gesund und ernährt sich vernünftig. Heute wird er 70. Ich wünsche ihm alle Kraft und Gesundheit.
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