Karl Richter: Ein neues Pearl Harbor? (20.10.2022)

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Man muß aus aktuellem Anlaß daran erinnern, wie es den USA und Großbritannien 1940/41 gelang, den Krieg im Pazifik loszutreten und dadurch den europäischen Krieg zum Weltkrieg auszuweiten. Zwar brannte die amerikanische Bevölkerung keineswegs darauf, in einen Krieg verwickelt zu werden. Doch steuerten die Roosevelt-Regierung und britische Kreise um den späteren Premier Winston Churchill schon seit den dreißiger Jahren genau dieses Ziel an.

Während es im Westen trotz aller Bemühungen nicht gelang, Hitler – etwa durch die Versenkung amerikanischer Schiffe im Atlantik – zum Krieg mit den USA zu provozieren, erwies sich Japan als das geeignetere Opfer. Schon 1939, verstärkt dann 1940 begannen die USA das rohstoffarme Japan systematisch von existentiellen Importen abzuschneiden und wirtschaftlich zu strangulieren. Als im Juni 1941 auch noch ein Ölembargo verhängt wurde, tickte die Bombe. Trotzdem hoffte Japan noch weitere fünf Monate auf ein Verhandlungsergebnis in letzter Minute. Washington blieb hart. Die unausweichliche Folge war der japanische Angriff auf Pearl Harbor.

Warum der historische Exkurs? Weil in diesen Tagen fast eins zu eins dasselbe passiert, nur daß an die Stelle Japans die Kontinentalmacht China getreten ist. Washington hat, was die Medien hierzulande eher ausblenden, China durch die jüngsten, zum 12. Oktober in Kraft getretenen Sanktionen das Messer auf die Brust gesetzt. Konkret geht es um das Verbot jedweder Zusammenarbeit amerikanischer Firmen mit chinesischen Chip- und Speicherherstellern und ein totales Exportverbot für amerikanische Halbleitertechnologie nach China. Mehr noch: alle in einschlägigen chinesischen Firmen oder Zweigniederlassungen tätigen US-Staatsbürger wurden aufgefordert, ihre Tätigkeit umgehend einzustellen, andernfalls ihnen die amerikanische Staatsbürgerschaft entzogen werden kann. Selbst chinesische Medien berichten, daß amerikanische Ingenieure infolgedessen inzwischen „massenhaft“ China verlassen hätten.

Die Folgen für die chinesische Industrie ebenso wie für das Militär können verheerend sein. Der amerikanische China-Analyst Jordan Schneider twitterte ohne Umschweife: „So sieht Vernichtung aus: Chinas Halbleiterindustrie wurde über Nacht auf null heruntergefahren. Vollständiger Zusammenbruch. Keine Überlebenschance.“

Wer nach den Beweggründen für die Auftaktrede des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping zum Parteitag der KPChi am Sonntag sucht, in der Xi vor „gefährlichen Stürmen“ und „starken Winden“ warnte, findet sie hier. Auch im Konflikt um Taiwan stehen jetzt weitreichende Entscheidungen an, und man kann getrost davon ausgehen, daß Xi und Putin ihr weiteres Vorgehen spätestens auf dem jüngsten Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) koordiniert haben. Es würde nach den fortgesetzten westlichen Provokationen in der Ukraine und rund um Taiwan nicht überraschen, wenn der Kampf um die abtrünnige Insel nun bald in die „heiße“ Phase ginge – während sich die Ukraine nach der Umgruppierung und Auffrischung der russischen Streitkräfte spätestens im November warm anziehen kann; für letzteres ist der neue Oberbefehlshaber General „Armageddon“ Surowikin ein starkes Indiz. Eine solche Prognose wagte unlängst der US-Politikwissenschaftler, Ex-Militär und Berater Douglas Macgregor.

Festzuhalten ist:

1. Es bleibt bestürzend, daß das Szenario, das bei der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges zur Anwendung kam, seit 2014 eine weitgehend identische Neuauflage erlebt. Auf dem europäischen Kriegsschauplatz wurde die Bombe erneut durch einen vom Westen vorsätzlich geschürten Minderheitenkonflikt gezündet (1939: die Volksdeutschen in Polen; 2014/22: die Russischstämmigen in der Ukraine). Rußland befindet sich heute exakt in der Rolle Deutschlands 1939. Die Rolle des nützlichen Kanonenfutters spielten 1939 die Polen, heute die Ukrainer (und womöglich abermals die Polen). Im Pazifik ist China an die Stelle Japans getreten. Man hat mit Blick auf 1941 davon gesprochen, daß Roosevelt seinen Kriegseintritt durch die „Hintertür“ des Fernen Ostens bekommen habe. Wenn es im gleichen Tempo wie bisher weitergeht, funktioniert es auch 2022 wieder so.

2. An Vermittlungsversuchen fehlte es nicht, 1939/40 ebensowenig wie heute. Der Schweizer Geheimdienstoffizier und NATO-Berater Jacques Baud (aktuelle Buchveröffentlichung: „Opération Z“) erinnerte dieser Tage in einem Interview des unabhängigen US-Medienportals grayzone.com daran, daß es seit Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine mindestens drei ernstgemeinte Vermittlungsversuche gab. Sie wurden alle vom Westen vereitelt, teils mit besonderem Nachdruck – der britische Ex-Premier Boris Johnson etwa reiste eigens zweimal „überraschend“ nach Kiew, um zu verkünden, daß es „keine Verhandlungen mit den Russen“ gebe.

3. Die fortgesetzte Provokation Chinas in der Taiwan-Frage und seine angestrebte Strangulierung durch den Westen läßt nur den Schluß zu, daß die USA mit Hochdruck auf den Krieg hinarbeiten und – wie im Ukraine-Konflikt – an einer Deeskalation in keiner Weise interessiert sind.

4. Die Menschheit ist offenbar eine Spezies, die völlig unfähig ist, aus ihren Erfahrungen zu lernen. Ansonsten wäre es nicht möglich, daß sie innerhalb eines Dreivierteljahrhunderts oder dreier Generationen ein zweites Mal in exakt die gleiche Falle tappt. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn auch die Folgen entsprechend ausfallen.

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