Peter Töpfer: Dieudonné im Januar 2023 (15.01.2023)

Dieudonné, jüdische Gemeinde, Pardon, Entschuldigung, Verzeihung, Christ, Versöhnung, Xavier Naidoo, Juden, Quenelle, Orbán, Netanjahu, Bolsonaro, Trump, Palästinenser, Liebe, Frieden, Alexander Dugin, Multipolarismus, Multipolarität,
Dieudonné bittet die jüdische Gemeinde um Pardon

1. Dieudonné hat bei der jüdischen Gemeinde um Pardon gebeten. Das ist eine merkwürdige Umkehr des Schuldverhältnisses; diese Bitte um Entschuldigung ist unverständlich, absurd. 

2. Dieudonné ist sich dessen bewußt. Tat er es (als Christ?) trotzdem, um den ersten Schritt in Richtung einer Versöhnung zu gehen? Darin würde eine edle Geste liegen, und es könnte eine ungeahnte Perspektive eröffnen. 

3. Dieudonné distanziert sich nicht von seinem Werk und seinen Mitstreitern, wenn er sich auch ein wenig kritisch äußert. Von einem klassischen Exit à la Xavier Naidoo kann keine Rede sein. 

4. Dieudonné wird das (gegenstandslose) Pardon von rechten Juden gewährt. Von linken nicht. 

5. Dieudonné vermittelt nicht den Anschein, als würde er, trotz schwacher Selbstkritik und leichter Korrekturen, in Zukunft weniger sagen wollen als bisher. 

6. Wie das aussehen soll, wenn die rechten Juden ihm verziehen haben, ist etwas unklar. 

7. Die rechten Juden werden ihn einiges durchgehen lassen, jetzt, wo er sich mit ihnen zu verbünden scheint. Sie werden sich als Beschützer einer Meinungsfreiheit inszenieren – die freilich kastriert ist. 

8. Wesentliche Aussagen wird man von Dieudonné nicht mehr hören. Dazu ist er zu weit gegangen. Das würden ihn die Juden, mit denen er die Veröffentlichung seiner Bitte um Pardon abgesprochen hat, nicht pardonnieren. Dieser Zug dürfte also abgefahren sein. 

9. Eine Überraschung wie anläßlich seines Programms „Ich entschuldige mich“ von vor einigen Jahren dürfte es nicht geben. Es ist auch ausgeschlossen, daß seine Bitte um Pardon eine Riesen-Quenelle ist. Das geht jetzt nicht mehr. 

10. Im Grunde haben wir es also mit einer Frontverschiebung zu tun: Dieudonné hat sich auf die Seite von Orbán, Netanjahu, Bolsonaro, Trump usw. gestellt. 

11. Er hat die Palästinenser verraten und damit alle Palästinenser der Welt, auch die Gelbwesten. 

12. Wir haben es also nicht mit einem christlichen Akt von Liebe und Frieden, von endzeitlicher Versöhnung zu tun. Diese Nummer war dann doch etwas zu groß; es werden kleinere Brötchen gebacken. 

13. Mit der gegenstandslosen Bitte um Pardon könnte er sich nach über 20 Jahren Dauerstreß eine Ruhepause gekauft haben. 

14. Der edle Geist könnte trotzdem anwesend gewesen zu sein. Wer weiß, was die Zukunft bringt? Wir dürfen gespannt sein.