
Nach dem Fall von Damaskus in die Hände der vom Westen, seiner regionalen Spießgesellen, „Israel“ und – ipso facto – Rußland unterstützten Massenmörder der Al-Qaeda-Filiale HTS ist Syrien in den tiefsten und dunkelsten Abgrund gestürzt worden, den die Menschheit sich ausmalen kann.
Die ganze Welt kann zusehen, wie sich der wahhabitische Abschaum über das Land ergoss und seitdem eine Orgie an perversester Gewalt gegen die ihm ausgelieferte Zivilbevölkerung auslebt. Der Bitchute-Kanal „Orestes Dervos“ (https://www.bitchute.com/search?query=Orestes+Dervos&kind=video&sensitivity_id=normal&duration=all&sort=new) zeigt Videos aus Syrien, die man nicht ohne die Gefahr eines akuten Schocks und nächtlicher Alpträume ansehen kann. Der Kanal will die bestialische Gewalt dieser enthemmten Kreaturen dokumentieren. Ich bewerbe diese Videos, die offensichtlich von HTS-Banditen selbst gefilmt worden sind, nicht, und ich kann die Inhalte auch nicht verifizieren.
Die westlichen Presstituierten malen das Propagandabild von einem befreiten Syrien, während in der Wirklichkeit die Schlächter der HTS Menschen aufgrund ihrer Religion oder politischer Gesinnung brutal foltern und ermorden. Bedrohungen, Einschüchterungen, Entführungen, Schutzgelderpressungen, außergerichtliche Hinrichtungen des bärtigen Lynchmobs sind an der Tagesordnung und werden von mutigen Syrern dokumentiert (https://syrianews.cc/syrian-woman-describes-living-under-natos-al-qaeda-hts/). Währenddessen leiden die von der HTS bisher nicht ermordeten Syrer unter Hunger, Kälte und bitterster Armut. Die Vereinten Nationen (VN) erklären in einer Studie freimütig: „90 Prozent der Syrer leben heute in Armut, ein Viertel ist arbeitslos und das BIP ist auf weniger als die Hälfte des Wertes von 2011 geschrumpft.“ (https://www.undp.org/syria/publications/impact-conflict-syria)
Der Kreml, sonst nie verlegen, die russische Politik mittels großspuriger Propaganda seiner unterstellten Medien sowie der üblichen (naiven oder geldgierigen) nützlichen Idioten in die Welt zu blasen, wurde bezüglich Syrien ungewöhnlich schmallippig. Für jeden ersichtlich hat die russische Konspiration mit der Türkei (HTS-Boss Erdogan) und „Israel“ die von den Feinden Syriens erwünschten Resultate erbracht (vgl. https://syrianews.cc/fairy-tales-from-moscow/). In Washington, London, Paris, Berlin und Tel Aviv knallten ganz gewiß die Sektkorken (die Herrschaften in Ankara, Doha und Riad mögen mit Tee angestoßen haben).
Das war schon etwas peinlich. Also versuchte man, das Thema entweder totzuschweigen oder mit glatten Lügen vom Tisch zu fegen. Untypisch kurze und auffällig lieblos abgegebene Rechtfertigungen für den aller Welt offenkundigen russische Verrat an seinem treuesten Verbündeten wechselten sich in den vergangenen zwei Monaten ab. Uns allen dröhnt noch die atemberaubend dreiste Behauptung Putins in den Ohren, seine Syrienmission sei erfolgreich, weil der Westen die HTS nun von der Terrorliste genommen habe. Diese Behauptung ist so brutal gelogen und dummdreist, daß ich für derlei perfide geistige Umweltverschmutzung fortan den Begriff „Putinisierung“ verwenden und dazu die „Putinskala“ einführen werde. Die Putinskala benotet das Ausmaß an bösartiger Verdrehung und gezielt eingesetzten Unwahrheiten in den Aussagen der russischen Führung: „Ein Putin“ ist die unterste Stufe, sagen wir, eine angebliche Ungenauigkeit. „10 Putin“ hingegen sind das Maximum an perfider Täuschung. Die erwähnte Aussage Putins bewerte ich mit 9,5 auf der Putinskala.
Doch die Karenz der Zurückhaltung ist nun endlich vorbei, das große Rußland unter der Führung des Petersburgers ist wieder zurück in der Spur. Jetzt darf die Menschheit aufatmen und hoffen. Jedenfalls jener Teil der Menschheit, der noch an Märchen glaubt.
Den Medien konnten wir entnehmen, daß Putin am 12. Februar in Damaskus bei Ahmed al-Sharaa angerufen hat (https://www.presstv.ir/Detail/2025/02/12/742700/Putin-HTS-leader-Julani). Gell, das ist praktisch. Da muß man seinen gesicherten Machtbereich gar nicht erst verlassen und sich womöglich noch in Unbill wie schlechtes Wetter oder den Anblick eines zerstörten Landes begeben. Daß Putin mit diesem Schritt, eines direkten Kontakts auf Präsidialebene, den bis vor Kurzem wegen Terrorismus mit einem Kopfgeld ausgeschriebenen HTS-Chef (https://www.timesofisrael.com/after-damascus-meeting-us-drops-10-million-terror-bounty-for-new-syrian-leader/) quasi auf die Ebene eines Staatspräsidenten gehoben hat, ohne daß dieser Herr jemals von einem Syrer in einem verfassungsgemäßen Verfahren autorisiert worden wäre, verdient eine besondere Erwähnung. Naive Geister wie ich könnten leicht auf die Idee kommen, das sei gewollt.
Die von der vereinten westlich-türkisch-israelisch-arabisch-russischen Verschwörung (https://syrianews.cc/geopolitical-confabulation-ides-march/) an die Macht geputschte HTS hatte frühzeitig ihr angestrebtes Verhältnis zu Rußland verdeutlicht: Während Lawrow herumposaunte, daß Rußland wieder nach Syrien zurückkehren werde (https://www.aa.com.tr/en/world/lavrov-announces-another-russian-delegation-to-visit-syria-next-week/3486869), hatte das neue Regime klar seinen Wunsch geäußert, Rußland loszuwerden:
„Die neue syrische Übergangsregierung, die von der Extremistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) gebildet wurde, hat erklärt, dass es keinen Platz für russische Truppen im Land gibt, und forderte Moskau auf, seine Präsenz zu überdenken.
‚Ich denke, dass Russland seine Präsenz auf syrischem Territorium und seine Interessen überdenken sollte. Ihre Interessen waren mit dem kriminellen Assad-Regime verbunden. Sie können ihre Haltung überdenken und Initiativen ergreifen, um der neuen Regierung die Hand zu reichen und zu zeigen, dass sie keine Feindseligkeit gegenüber dem syrischen Volk hegen und dass die Ära des Assad-Regimes endgültig vorbei ist.’“ (https://thecradle.co/articles/putin-talks-fall-of-assad-russia-achieved-its-goals-in-syria).
Das ist eine klare Ansage, aber in Moskau war Winter und vielleicht saß die Pelzmütze auf den Ohren…
Aber der Kreml verspricht „hochrangige Kontakte“ mit den moderaten Kopfabschneidern (https://www.reuters.com/world/middle-east/russia-plans-high-level-contacts-with-syria-near-future-lavrov-says-2025-02-19/). Man muß eben im Gespräch bleiben – notfalls auch mit den Bärtigen in Damaskus. Mit dieser Ankündigung hat Lawrow zugegeben, daß Rußland derzeit keine Rolle in Syrien spielt. Man muß sich fragen, was das ganze Syrienabenteuer eigentlich gebracht hat. Und es gibt auch eine Antwort: Gebracht hat es, neben dem Tod etlicher russischer Soldaten, dem Fall einer Kulturnation in die finstersten Abgründe der Barbarei, hunderttausenden getöteten Syrern, Millionen Flüchtlingen, Angst, Hunger und Kälte, einer furchtbaren Verelendung des Volkes, zerstörter Infrastruktur und Wohnungen, einer zerrütteten Wirtschaft, einer ganzen Generation traumatisierter syrischer Jugendlicher ohne eine reelle Zukunftschance und einem zerstörten Land unter der Terrorherrschaft einer abscheulichen Mörderbande, auch das möglicherweise nahe Ende der russischen Militärbasen in Tartus und Latakia (https://english.almayadeen.net/news/politics/damascus-authorities-terminates-russian-contract-for-tartus).
Wofür sind die russischen Soldaten in Syrien gefallen? Mit welcher Hirnakrobatik werden unsere Putin-Verehrer diesen absolut unverzeihlichen Verrat Putins an Syrien und seinem eigenen Volk schönreden?
Aber ich schweife ab. Es geht doch jetzt darum, Hoffnung zu haben, nach vorne zu schauen, das Vergangene zu vergessen und, natürlich, immer treu und gläubig an den Lippen unserer Superhelden zu hängen, nicht wahr?
Also, weiter:
„Diese Diskussion ist von entscheidender Bedeutung, denn sie unterstreicht das anhaltende Engagement Russlands in syrischen Angelegenheiten und seine Absicht, das Land in verschiedenen Bereichen zu unterstützen. […]
Während des Gesprächs brachte Präsident Putin die Bereitschaft Russlands zum Ausdruck, bei der Verbesserung der sozioökonomischen Bedingungen in Syrien zu helfen. Dazu gehört auch die Bereitstellung humanitärer Hilfe, was das Engagement des Landes widerspiegelt, seinen Verbündeten bei der Bewältigung der anhaltenden Herausforderungen für die syrische Bevölkerung zu unterstützen.
Putins Telefonat mit Ahmed al-Sharaa ist eine Fortsetzung der diplomatischen Bemühungen Russlands in der Region.
Russland ist bestrebt, seine militärische Präsenz in Syrien durch Marine- und Luftwaffenstützpunkte zu verstärken.
Der Kreml konzentriert sich auf humanitäre Initiativen zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Syrien.
[…] Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das jüngste Telefongespräch zwischen Präsident Putin und Ahmed al-Sharaa ein klares Zeichen für Russlands anhaltendes Engagement in Syrien ist.“ (https://iraninews.com/blog/putin-and-syrias-jolani-connect-in-key-phone-call-a-turning-point-in-russian-syrian-relations/)
Das sind satte fünf Putin. Nehmen wir es einmal unter die Lupe:
- Putin erklärt die Bereitschaft (das ist nichts als eine Ankündigung), bei der „Verbesserung der sozioökonomischen Bedingungen in Syrien mitzuhelfen“ – und wieso hat Rußland dies nicht getan, als Syrien noch nicht in den Händen seines präsidialen Freundes in Damaskus gewesen ist, als syrische Frauen sich noch nicht verschleiern mußten, als Christen und Alawiten noch nicht massakriert worden waren, als Syrien einen verfassungsgemäß vom Volk in direkter Wahl autorisierten Präsidenten und nicht einen von „Israel“ und der Türkei gelenkten Mörder an der Spitze hatte, als Syrer noch nicht ihre Bücher verbrannt haben aus Angst, die HTS könnte sie finden oder weil es sonst nichts mehr zum Heizen gibt?
- Putin sieht sich in der Pflicht, „seinen Verbündeten bei der Bewältigung der anhaltenden Herausforderungen zu unterstützen, denen die syrische Bevölkerung gegenübersteht“. Haben wir das jetzt richtig verstanden – Putin deklariert die HTS-Mörderbande zum „Verbündeten“? Ist dies etwa die Erklärung für seine grotesk anmutende Aussage, Rußland habe seine Ziele in Syrien erreicht?
- Der Kreml träumt davon, im HTS-beherrschten Syrien eine Zukunft zu haben und „seine militärische Präsenz in Syrien durch Marine- und Luftwaffenstützpunkte zu festigen“. Inwiefern dies mit der Ankündigung der HTS, Rußland möge sich selbst verabschieden, bevor es rausgeworfen werden könnte (siehe oben), zusammenpaßt, wird die Zukunft zeigen; ein Widerspruch zwischen den offiziellen Stellungnahmen aus Damaskus und Moskau betreffs der russischen Militärpräsenz in Syrien ist jedenfalls bisher vorhanden.
- „Der Kreml konzentriert sich auf humanitäre Initiativen zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Syrien.“ Arabi Souri (www.syrianews.cc) hat meines Erachtens völlig zu Recht die Frage aufgeworfen, wieso Rußland und Iran, zwei Länder, die im Öl und Gas schwimmen, Syrien nicht bei der Bewältigung der durch die westlichen Sanktionen sowie die Besetzung der Ölquellen durch die US-Armee ausgelösten Energiekrise zu helfen bereit gewesen sind, stattdessen aber Gasgeschäfte mit ihrem gemeinsamen Feind, der Türkei betrieben (https://www.patreon.com/posts/all-syria-needed-118263983)? Das ferne Venezuela hat Syrien immerhin solidarisch mit Öl versorgt.
Betrachten wir die düstere Ausgangslage, die auch durch ihn erst ermöglicht worden ist, hat sich der Kremlherr mächtig viel vorgenommen. Die VN bemißt den für die wirtschaftliche Gesundung Syriens (auf Vorkriegsniveau) benötigten Zeitraum auf 55 Jahre: „[…] bei den derzeitigen Wachstumsraten wird die syrische Wirtschaft nicht vor 2080 wieder das Niveau des BIP vor dem Konflikt erreichen“.
Das sind weitere zwei Generationen von Syrern, die bis zur Wiederherstellung des ökonomischen Status-quo ante (2010) in Armut und Mühsal zu leben verurteilt sind und die einem Ausmaß an Erniedrigung und Elend ausgesetzt sein werden, von dem sich die ignorante, wohlstandsverwahrloste Masse der Westler nicht einmal im Alptraum eine blasse Vorstellung machen kann – selbst, falls sie es wollte. Sofern diese VN-Projektion zutrifft, werden hinter den Syrern im Jahre 2080 dann 70 Jahre Krieg, Leid, Elend, Terror, Zerstörung, Armut, Angst und die Mühen des Wiederaufbaus liegen. Das möge sich jeder einmal ganz bewußt vor Augen führen.
Hingegen, betrachten wir das bisherige, konspirativ-antisyrische, Vorgehen der russischen Führung, dürfen wir wohl darauf wetten daß den Ankündigungen vielleicht nicht in jedem Falle die Umsetzung folgen wird.
Ein Kommentar zum Schwätzchen Putins mit seinem das Präsidentenamt usurpierenden „Verbündeten“ in Damaskus bringt es meines Erachtens auf den Punkt:
„Und vor ein paar Wochen hatte Lawrow Jolani einen Terroristen genannt. Russland verdient keine Komplimente für das, was es in Syrien zu tun vorgegeben, aber größtenteils nicht getan hat, um das syrische Volk zu unterstützen. Wer gewinnt bei all dem durch diese Doppelzüngigkeit seitens Russlands, das Syrien nicht wirklich geholfen hat? ISRAEL. Ich wurde auf RT blockiert, weil ich erwähnt habe, dass Russland tatsächlich ein schmutziges Spiel mit den Syrern treibt. Sehen Sie die Ergebnisse der russischen Außenpolitik? Tausende von Kilometern syrischen Territoriums sind nun von ISRAEL besetzt und Syrien wird de facto zu einer zionistischen Kolonie. Wir nennen das ‚Doppelgänger‘. – Rabelais, https://www.presstv.ir/Detail/2025/02/12/742700/Putin-HTS-leader-Julani
Der sehr erfahrene Analytiker und Autor Iurie Rosca hat es viel besser zusammengefaßt, als ich es je könnte:
„Syrien ist von den Meistern der Kremlpolitik verraten worden. Und wir haben genug Anhaltspunkte, um zu vermuten, dass diese Meister weit von Russlands Grenzen entfernt sind. Um ihre Identität festzustellen, müssen wir uns nur fragen, wem der Zusammenbruch Syriens dient. Sicherlich Israel. Und seinen beiden Stellvertreterstaaten, den USA und der Türkei.“
Wir können sicher sein, dass Putin seine flexible „Kremlpolitik“ auch künftig mit höchst kreativen Ausreden rechtfertigen wird, die die Putinskala womöglich einstmals zerspringen lassen werden.
Beenden wir diese Geschichte mit einem möglicherweise versöhnlich stimmenden Gedanken.
Im Jahre 1869 veröffentlichte Mark Twain seine Reiseberichte „The Innocents Abroad, or, the New Pilgrim’s Progress“. Über Damaskus schrieb er:
„Wir erinnern uns: Damaskus, die ‚Perle des Ostens‘, der Stolz Syriens, der sagenumwobene Garten Eden, die Heimat der Prinzen und Geister aus Tausendundeiner Nacht, die älteste Metropole der Welt, die einzige Stadt der Welt, die ihren Namen behalten hat, ihren Platz behauptet und gelassen zugesehen hat, während die Königreiche und Reiche von viertausend Jahren auferstanden sind, ihre kurze Zeit des Stolzes und des Prunks genossen haben und dann verschwunden und vergessen wurden.“
Stefan H. Heuer, M.A.
Historiker, geb. 1964, hat als Dozent in der Erwachsenenbildung sowie in der Personalentwicklung u.a. eines international tätigen VS-amerikanischen Dienstleistungsunternehmens gearbeitet.